Klettern unter den olympischen Ringen

Nach jahrelangen Bemühungen, Klettern als Programmsportart bei den Olympischen Spielen zu etablieren, kann der internationale Kletterverband IFSC nun endlich einen Erfolg verzeichnen: Bei den olympischen Spielen 2020 in Tokio werden erstmals auch Kletterer unter dem Zeichen der Ringe starten – wenn auch zunächst erst einmal für eine Ausgabe der Spiele. Für das IOC ist dies ein maßgeblicher Schritt, um das Programm der Olympischen Spiele vor allem für die jüngere Zielgruppe wieder attraktiver zu machen.
Im Jahr 1992 hatte das Klettern erstmals einen Auftritt als Demonstrationssportart bei den olympischen Winterspielen in Albertville. In den darauffolgenden Jahren entwickelte sich die Sportart rasant weiter und hat es nun 28 Jahre später in das offizielle olympische Programm geschafft.
Klettern begeistert alle Generationen
Ein Grund für den erfolgreichen Einzug der Disziplin in das olympische Portfolio ist sicherlich der enorme Zuwachs, den die Sportart in den letzten Jahren erfahren hat. War Klettern in seiner Anfangszeit nur den hartgesottenen Felskraxlern vorbehalten, hat sich die Sportart mittlerweile zu einem echten Breitensport entwickelt. Mittlerweile klettern in Europa über 2 Millionen Menschen regelmäßig, in Deutschland etwa 500.000 – und der Trend ist ungebrochen.
Über alle Generationen hinweg – aber vor allem in der jungen Zielgruppe – erfuhr die Sportart in Deutschland und weltweit einen enormen Aufschwung. An Nachwuchstalenten mangelt es weder dem für die Sportart zuständigen Deutschen Alpenverein noch anderen internationalen Verbänden. Diese Tatsache beeinflusste die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees maßgeblich – denn die Jugendlichen sind die Zielgruppe, die mit den neu aufgenommenen Sportarten angesprochen werden soll. Neben dem Klettern gehören nun auch Surfen, Skateboarden, Baseball/ Softball und Karate zum olympischen Portfolio in Tokio 2020.

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Die drei Spielarten des Kletterns

Wie keine andere olympische Sportart erschließt das Klettern die vertikale Dimension. Zudem ist es eine der Grundbewegungsformen des Menschen. Ihre Anfänge nahm die Sportart im klassischen Felsklettern – dem Klettern mit Seil an großen und kleinen Felswänden. In den 1970er Jahren erfuhr die Sportart einen ersten Aufschwung und löste sich vom klassischen Alpinismus, doch verging noch viel Zeit, ehe die ersten Indoor-Klettermöglichkeiten in den frühen 1990er Jahren gebaut wurden. Seither hat sich einiges getan – allein in Deutschland gibt es mittlerweile über 450 Kletterhallen. Die Schwierigkeit beim sogenannten „Leadklettern“ liegt darin, mittels Ausdauer und technischer sowie taktischer Finesse eine meist 15 – 20 Meter lange Route sturzfrei zu meistern.
Bouldern ist eine weitere Spielart des Kletterns, die ab den 1990er Jahren eine rasante Entwicklung erlebte. Beim Klettern ohne Sicherung und in Absprunghöhe kommt es darauf an, möglichst schwere Einzelzüge oder Bewegungsabläufe zu meistern. Längst hat sich auch das Bouldern als Wettkampfdisziplin etabliert und erfährt nebenher in den urbanen Ballungsräumen immer größere Beliebtheit. Denn mit dem Bouldern hat sich eine Trendsportart entwickelt, die ohne viel Aufwand und mit nur wenig Ausrüstung ausgeübt werden kann und ein hohes Maß an Geselligkeit und Spaß bereithält.
Als dritte Disziplin des Sportkletterns ist das Speedklettern entstanden. Hier geht es darum, eine standardisierte, 15 Meter hohe Route so schnell wie möglich zu klettern. Anders als Sportklettern und Bouldern ist Speedklettern eine reine Wettkampfdisziplin mit eher leichtathletischen Anforderungen.

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Die deutsche Nationalmannschaft Klettern

Die deutschlandweit besten Kletterinnen und Kletterer aller drei Disziplinen gehören dem Deutschen Nationalkader Klettern an. Der Deutsche Alpenverein nominiert die Nationalmannschaft für Damen/Herren sowie für Jugend und Junioren. Im Damen- und Herrenbereich gibt es je einen Kader für den Bereich Lead/Schwierigkeitsklettern, Bouldern und Speed, im Jugendbereich gibt es eine Jugendnationalmannschaft für alle drei Disziplinen. In diesem Rahmen werden die Athleten für internationale IFSC-Wettkämpfe nominiert und vertreten Deutschland bei Weltcups, sowie Welt- und Europameisterschaften.
Diese Trainingsgruppen brachten einige große Talente mit beachtlichen internationalen Erfolgen hervor. Mit Juliane Wurm (DAV Wuppertal) gehört dem DAV eine ehemalige Welt- und Europameisterin im Bouldern an, die sich seit ihrem Rückzug aus dem aktiven Wettkampfgeschehen 2015 als Trainerin um den Nachwuchs kümmert. Erfolgreichster aktiver Kaderathlet ist aktuell Jan Hojer (DAV Frankfurt/Main). Als Gesamtsieger des Boulder Weltcups 2014, Gesamtzweiter 2015 und WM-Dritter 2014 ist er Deutschlands erfolgreichster Wettkampfkletterer. Mit Sebastian Halenke (DAV Schwäbisch-Gmünd) hat der DAV seit zwei Jahren auch wieder einen absoluten Weltklasse-Kletterer im Lead in seinen Reihen – 2015 holte Halenke Platz drei bei der Europameisterschaft.

Mit dabei: Sportsoldat Christoph Hanke

Ein weiterer erfolgreicher Kaderathlet im Lead ist Sportsoldat Christoph Hanke (DAV Ringsee), der zusammen mit Halenke für die besten internationalen Ergebnisse des DAV im Lead sorgt. Er sieht in der Aufnahme des Kletterns als olympische Disziplin eine große Chance, die zeigt, dass das Klettern „weltweite Akzeptanz und Aufmerksamkeit erfährt“. Er möchte auf jeden Fall 2020 mit dabei sein und würde „sportlich gesehen alles geben, um daran teilzunehmen“.
Große Hoffnungen setzt der Deutsche Alpenverein aber auch in seine Nachwuchsathleten im Jugendbereich. Seit einigen Jahren verzeichnen die Organisatoren steigende Teilnehmerzahlen bei Jugendwettkämpfen, und nicht selten übertreffen die Jugendlichen ihre wettkampferfahreneren, älteren Kollegen an Geschick und Bewegungstalent. Junge Talente wie Alexander Averdunk (DAV München-Oberland), Moritz Hans (DAV Schwaben), Johanna Holfeld (DAV Sächsischer Bergsteigerbund) oder Frederike Fell (DAV Freising) zählen zu den großen Talenten der deutschen Kletterszene und gehören zu den Anwärtern für die Olympia-Teilnahme 2020.

Tokio 2020: Kletter-Allrounder sind gefragt

Wer schließlich unter den Kletterern sein wird, die 2020 erstmals unter dem Zeichen der Ringe antreten werden, ist noch längst nicht entschieden. Klar ist, dass insgesamt nur 40 Athleten in der Sportart zugelassen sind. Und da alle drei Disziplinen – Lead, Speed und Bouldern – in einer Art Dreikampf repräsentiert werden sollen, sind Allround-Talente gefordert.
Sollte sich das Klettern als olympische Sportart nach dieser ersten Auflage dauerhaft etablieren, ist es natürlich ausgewiesenes Ziel der IFSC, Medaillen in allen drei Disziplinen zu vergeben, damit auch die Spezialisten eine Plattform bekommen. Mit Spannung wird nun die Entscheidung der IFSC und des IOC erwartet, die zurzeit über den finalen Olympia-Modus entscheiden. Dementsprechend wird sich dann der Trainingsplan der Athleten in den nächsten Jahren gestalten müssen – das sieht auch Christoph Hanke so:
„Um mich für dieses Format der Spiele vorzubereiten, bedarf es einer kompletten Umstellung meines jetzigen Trainingsalltags. Die Bedingungen bei der Sportfördergruppe der Bundeswehr würden es mir aber ermöglichen, die vielfältigen Trainingseinheiten sinnvoll zusammenzusetzen und mich voll auf das olympische Format zu konzentrieren“. Denn eines ist auch Hanke klar: Wenn er zu den zwanzig Herren gehören will, die sich für Tokio qualifizieren, muss er in den nächsten drei Jahren dauerhaft zur absoluten Weltspitze gehören. Das Talent und die Motivation dazu hat der Sportsoldat in jedem Fall.

 

Text und Fotos: DAV

Wettkampftermine 2017*

  1. / 05. Juni: Deutsche Meisterschaft Bouldern, Berlin
  2. Juli: Deutsche Meisterschaft Speed, Saarlouis
  3. / 19. August: Boulder Weltcup-Finale, München
  4. August – 10. September: Jugend-Weltmeisterschaften, Innsbruck (AUT)
  5. November: Deutsche Meisterschaft Lead, Hilden

*Änderungen vorbehalten

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